Credit: Miguel Bruna via Unsplash

Mit gebunden Füßen zum Feminismus

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Frauenrechtler*innen außerhalb Europas? Unsere Autorin Sophia hat einen Blick auf die erste dokumentierte Feministin Chinas geworfen.

“Mein Körper erlaubt mir nicht,
mich unter die Männer zu mischen,
aber mein Herz ist viel mutiger
als das eines Mannes.”

Diese Worte stammen von Qiu Jin, einer chinesischen Revolutionärin, Feministin und Dichterin, die von 1875 bis 1907 lebte. Schon früh empfand sie das zutiefst patriarchalisch geprägte Leben in China als erdrückend. So emanzipierte Sie sich durch das Schreiben von Gedichten und dem Schwertkampftraining. Dennoch musste sie sich in ihren jungen Jahren repressiven Traditionen, wie dem Füßebinden oder der arrangierten Ehe, in der sie sehr unglücklich war, unterwerfen.

Das Füßebinden hatte in China eine tausendjährige Tradition bis es 1949 endgültig verboten wurde. Diese bestand darin, die Füße von Mädchen im Alter von 5 bis 8 Jahren mit engen Bandagen abzubinden, um den Wachstum der Füße zu hemmen. Bei dieser schmerzhaften Prozedur wurden alle Zehen gebrochen und an die Fußunterseite gebunden, wodurch sich die Füße zu Klumpfüßen verformten. Dabei waren Infektionen nicht unüblich, man schätzt, dass ca. 10% der Frauen an den Folgen des Füßebindens starben. Das Schönheitsideal war der “goldene Lotus”, der mit einer Fußlänge von 10 cm erreicht wurde, was der Schuhgröße 17 entspricht. Bei dieser Größe war es keiner Frau mehr möglich, sich über weite Strecken zu bewegen.

Es war ein Zeichen von Wohlstand, da ärmere Familien die Töchter als Arbeitskräfte benötigten, dies konnten sie mit verkrüppelten Füßen nicht erreichen. Die Unfähigkeit der Frauen, sich selbst fortzubewegen führte zu dem Ideal, der im Haus bleibenden Frau. Im 19. Jahrhundert hatten schätzungsweise 40-50% der Frauen gebundene Füße. Dies führte dazu, dass Frauen nur mit gebundenen Füße auf dem Heiratsmarkt eine Chance hatten.

Später sprach sich Qiu Jin vehement gegen die grausame Praxis des Füßebindens aus.

Als sie 28 Jahre alt wurde, veränderte Qiu Jin ihr Leben entscheidend: sie verließ ihren Mann und die gemeinsamen Kinder, um in Japan zu studieren. In China war Frauen dies zu ihrer Zeit nicht gestattet. In Japan blühte ihre politische Karriere auf, sie trat der revolutionären Organisation Tongmenhui, die gegen die Qing-Dynastie gerichtet war, bei und gründete eine rein weibliche Organisation mit dem Ziel, Frauen zu ermutigen, Verantwortung in nationalen Fragen zu tragen. Ihre Position zu Frauenfragen tat sie in zahlreichen Artikeln, Reden und schließlich in ihrer eigenen Frauenzeitschrift kund. Sie stand und steht für gleiche Bildung der Frauen und Mädchen im Vergleich zu Männern und Jungen, ein Verbot der Praxis des Füßebindens und des Brautkaufs und nicht zuletzt der Gleichberechtigung in Rechten und Pflichten von Mann und Frau.

1906 kehrte sie nach China zurück. Sie unterrichtete in Mädchenschulen und ermutigte ihre Schülerinnen, durch Bildung und Arbeit finanzielle Unabhängigkeit anzustreben.

Mit dem Ziel, das Regime, das sich gegen soziale Reformen sträubte, zu stürzen, unterrichtete sie an einer Revolutionärsschule Schüler/innen im Kampfsport, um diese militärisch für die kommende Revolution auszubilden.

Sie war die einzige hochrangige Frau in der Revolutionsbewegung von China. Doch leider gab es für sie kein glückliches Ende: 1907 wurden die Pläne verraten, sie wurde gefangen genommen und zu Tode verurteilt.

Qiu Jin gilt als erste Feministin Chinas.

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