Wenn die Vagina zu lang ist und die Finger zu kurz sind

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Ein Erfahrungsbericht zur Nutzung der Menstruationstasse

Disclaimer: Wir (Mit Sicherheit Verliebt (MSV) Trier) möchten keine Empfehlungen aussprechen oder beraten! Unsere Texte sind lediglich als Input zu verstehen, zu denen sich jeder und jede eine eigene Meinung bilden sollte. 
Wir sind keine MedizinerInnen! Die Informationen, die wir in unseren Texten verwenden, sind selbstverständlich gut recherchiert und durch mehrere Quellen abgesichert, können aber keinesfalls ein Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt ersetzen!

Auch wenn dieser Text von Mitgliedern der MSV-Lokalgruppe Trier geschrieben wurde, repräsentieren wir nicht die Ansichten des gesamten Mit Sicherheit Verliebt-Projekts oder die der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (BVMD). 

Vielleicht geht es euch wie mir: Man steht im Drogeriemarkt vor dem Regal mit den Tampons und sie strahlt einem etwas unheimlich und furchteinflößend von den höher gelegenen Regalen entgegen – die Menstruationstasse.        

Die kleinen „Becher“, die das Menstruationsblut sicher auffangen sollen, gibt es schon seit langer Zeit, doch erst in den letzten Jahren erreichte sie in der breiten Gesellschaft immer mehr Aufmerksamkeit. Insbesondere als ein Produkt, das vor allem die „Zero-Waste“ Communities und Reisende anspricht, hat die Menstruationstasse immer mehr Bekanntheit erlangt. Aber was ist diese kleine, meist aus durchsichtigem medizinischem Silikon gefertigte, Tasse eigentlich wirklich?


Aussehen und Größe 

Der Name „Menstruationstasse“ kann eventuell in die Irre führen, denn als eine kleine Tasse mit Henkel darf man sie sich nicht vorstellen.

Akkurater wäre die Beschreibung Menstruationsbecher oder Menstruationspokal. Der Grundaufbau der Tasse ist immer ähnlich: es ist ein Becher mit einem kleinen Stiel oder einer Schlaufe am unteren Ende. Neben variierenden Formen gibt es auch unterschiedliche Größen. In der Regel bieten die Hersteller zwei bis drei Größen an. Groß, Mittel und Klein sind die gängigsten, denn eine Menstruationstasse fällt, genauso wie die meisten Kleidungsstücke, nicht unter die Kategorie „one-size-fits-all“. Wer welche Größe kaufen sollte, unterstützt der Hersteller mit ein paar Tipps. Menstruierenden, die noch kein Kind geboren haben, wird eher eine kleine Größe empfohlen – hat man bereits ein oder mehrere Kinder entbunden, so wird eine größere Größe empfohlen.

Quelle: unsplash.com, Good Soul Shop

Die Farbe ist von Marke zu Marke unterschiedlich. Ob die Tasse in einem lieblichen rosa, einem leidenschaftlichen rot, ganz medizinisch weiß oder durchsichtig sein soll, darf der/die Käufer:in entscheiden. Am Ende bestimmt das Tragegefühl, ob die Tasse nun doch zu klein oder zu groß ist. Die Menstruationstasse soll, genauso wie ein Tampon, nicht zu spüren sein. Merkt ihr, dass sie unangenehm drückt oder habt ihr das Gefühl sie bewegt sich, kann das ein Anzeichen dafür sein, dass die Tasse zu groß oder zu klein ist.  Die Tasse ist kein Einmalprodukt, sondern kann je nach Modell ca. 4-5 Jahre verwendet werden. 


Wie ich zur Menstruationstasse kam…

Ich persönlich habe einige Zeit gebraucht, bis ich den Schritt gemacht habe, mir eine Menstruationstasse zuzulegen. Erst kurze Zeit vorher bin ich von den klassischen Tampons mit blauem Faden auf eine bio, ungebleichte und ungefärbte Variante umgestiegen. Ich habe Tampons seit dem Beginn meiner Menstruation verwendet und auch von Anfang an die gleichen. Durch Zufall habe ich ein Video gesehen, indem erklärt wird, wie ein Tampon hergestellt wird. Daraufhin habe ich mich gefragt: Muss der Faden wirklich blau sein?

Die Entscheidung, doch endlich eine Menstruationstasse zu kaufen, war dann sehr spontan: Meine Periode sollte nicht mehr lange auf sich warten lassen und so führte mein Weg in das nächste Drogerie-Geschäft, um Tampons zu kaufen. Neben den Tampons landete irgendwie auch eine Menstruationstasse im Einkaufskorb und bevor ich es mir anders überlegen konnte, hatte ich schon bezahlt und war zurück in meinen eigenen vier Wänden.

Da lag sie nun. Auf meinem Schreibtisch in einer unauffälligen Verpackung. Ohne schrille Muster oder große Schriftzüge auf der Verpackung war, bis auf das kleine “Fenster”  welches einen Blick auf die Menstruationstasse erlaubte nicht eindeutig kenntlich, dass es sich um eine handelt.  Der erste Blick hinein enthüllte einen dreiteiligen Inhalt: die Tasse, ein kleines Stoffsäckchen zur Aufbewahrung und ein Beipackzettel. Mein erster Gedanke: Wie kompliziert ist das Ding denn, wenn schon ein Beipackzettel dabei liegt?

Wie kompliziert ist das Ding denn, wenn schon ein Beipackzettel dabei liegt?

(Doch auch in einer Tamponverpackung befindet sich ein Beipackzettel, auf dem sämtliche Informationen über das Produkt stehen!) Bevor ich den Zettel gelesen habe, inspizierte ich meine neue Menstruationstasse, faltete sie und ließ sie wieder aufspringen. Als dann der Beipackzettel dran war habe ich schnell festgestellt: Die Menstruationstasse funktioniert nicht wie ein Tampon. Zusätzlich zum Beipackzettel nutzte ich für die Anwendung die Website menstruationstassen-maedels.de, die sich als wichtige Informationsquelle entpuppte. Neben weiteren Möglichkeiten zu Faltung und der Erklärung, wie man eine Menstruationstasse hygienisch benutzt, gibt es dort viele weitere Tipps und Tricks, die im Beipackzettel fehlten.


Anwendung

Quelle: unsplash.com, Monika Kozub

… rein… 

Vor der ersten Nutzung wird sie für 3-5 Minuten in sprudelnd-kochendem Wasser ausgekocht – wie lange genau unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Hat man dies erledigt, sollte die Tasse nur mit gründlich gewaschenen Händen berührt und eingeführt werden. Das Einführen stellte für mich schon die erste Hürde dar. Meine Schwestern, auch beide schon länger Freundinnen der Menstruationstasse, wurden Opfer von Nachrichten, wie zum Beispiel: „Sie geht nicht rein.“, „Irgendwas fühlt sich komisch an“ und „Oh Gott, ich bekomm sie nicht mehr raus“. Letzteres eher dadurch bedingt, dass ich die tatsächliche Länge meiner Vagina doch scheinbar nicht so gut kannte, wie zunächst gedacht und meine Finger zu kurz zu sein schienen. In dieser Periode lernte ich einiges über mich und meine Vagina.

Um jetzt möglichem Unbehagen, oder gar Angst vorzubeugen: das zweite Mal lief zu 100% besser und viel entspannter, denn für die Menstruationstasse gilt: Übung macht die Meisterin.

Aber hier noch einmal Genaueres zum Einführen der Tasse: Die Menstruationstasse kann in ihrem normalen, geöffneten Zustand nicht in die Vagina eingeführt werden. Es passt schlicht und ergreifend einfach nicht. Um sie einzuführen, muss sie gefaltet werden. Hier gibt es unterschiedliche Techniken: neben der klassischen und wohl auch beliebtesten Faltung, der C-Faltung, gibt es auch die „Dreiecksfaltung“, die „Muschel“ oder auch die „Kobra“. Mit dem folgenden Link kommt ihr auf die bereits oben erwähnte Website, dort haben die Autor:Innen mithilfe von Fotos die jeweiligen Faltungen sehr schön erklärt
( https://www.menstruationstasse-maedels.de/menstruationstasse-falten-falttechnik/ ). Aber es kommt nicht nur auf die Faltung an. Auch die Position, in der man sich befindet, um die Menstruationstasse einzuführen, spielt eine große Rolle. Man kann sich leicht nach vorne gebeugt über die Toilette setzen, das Bein (wie beim Rasieren) etwas hochstellen, oder einfach in die Hocke gehen. Jede Person entscheidet individuell welche Position sich für den eigenen Körper am bequemsten und entspanntesten anfühlt. Und wenn wir schon bei der Entspannung sind machen wir auch gleich damit weiter, denn ohne sie kommt ihr nicht einen Centimeter weit! Es kann helfen, die Augen zu schließen, dreimal tief ein- und aus zu atmen und sich so zu beruhigen. Lasst euch die Zeit die ihr braucht, hetzt euch und euren Körper nicht.

… und wieder raus… 

Die Menstruationstasse hält sich in der Vagina mit einem Vakuum, somit müsst ihr euch keine Sorgen machen, dass sie einfach so rausfällt. Bei dem Entfernen der Tasse ist es deswegen aber wichtig, dass ihr das Vakuum zunächst löst, bevor ihr die Tasse entnehmt. Wenn ihr mit einem Finger vorsichtig in der Vagina die Tasse an einer Stelle eindrückt, löst sich das Vakuum und ihr könnt sie sicher herausnehmen. Der Inhalt, also euer Menstruationsblut, kann einfach in der Toilette oder im Waschbecken entsorgt werden. Vor dem erneuten Einsetzen solltet ihr die Tasse mit klarem Wasser abspülen, manche Hersteller geben auch an, dass man die Tasse zwischendurch mit einer milden und am besten parfümfreie Seife reinigen kann.

Als ich meine Tasse das erste Mal herausgeholt habe, war ich nicht wirklich auf den Anblick vorbereitet. Mein Menstruationsblut, was ja meist so schön in Tampons verschwunden war, war nicht so flüssig, wie ich immer gedacht hatte. „Klumpig“ ist wohl das beste Wort, um die tatsächliche Textur zu beschreiben. Blutrot war es auch nicht, teilweise ging die Farbe eher ins Bräunliche. Kein Grund zur Sorge, Periodenblut darf so aussehen, das ist vollkommen natürlich.

Quelle: unsplash.com, Monika Kozub

Mit allen Hürden, die ich zunächst überkommen musste, hat die Menstruationstasse auch klare Vorteile: Sie reduziert aktiv Müll. Im Gegensatz zu Tampons kann die Vagina mit der Menstruationstasse nicht austrocknen. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass man die Menstruationstasse länger am Stück tragen kann als einen Tampon.

(Dennoch besteht, wie auch bei Tampons, ein gewisses Risiko für das Toxische Schocksyndrom (TSS). Wenn ihr mehr darüber erfahren möchtet, könnt ihr zum Beispiel unter dem folgenden Link nachlesen: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/aktuelles/meldung/toxisches-schocksyndrom-risiken-durch-tampon-verwendung-aeusserst-gering/ )

Noch ein wichtiger Hinweis: 
Es lassen sich widersprüchliche Informationen dazu finden, ob Menstruationstassen verwendet werden dürfen, wenn eine Kupferspirale/-kette oder Hormonspirale getragen wird! Falls dies für euch relevant ist, haltet bitte unbedingt Rücksprache mit eurem Gynäkolgen oder eurer Gynäkologin. 

Nach den ersten Schwierigkeiten bin ich nun sehr froh, dass die Menstruationstasse damals in meinem Einkaufskorb gelandet ist und kann euch nur empfehlen, euch zu trauen, sie auszuprobieren!

Die Menstruationstasse zeigt die Realität, in der sich unsere Körper befinden. Alle  Bilder und Illusionen, die wir Menstruierenden von unserer Periode haben, müssen dringend umgekrempelt werden.

Ihr braucht euch vor eurer Periode nicht ekeln, auch schämen müsst ihr euch nicht.

Ich kann jeder menstruierenden Person nur wärmstens ans Herz legen: Setzt euch mit eurem Körper, soweit ihr das könnt, auseinander. Lernt und informiert euch. Euer Körper ist euer Tempel, er trägt euch durch die Welt und bildet den Rahmen, in dem ihr euch bewegt. Ihr braucht euch vor eurer Periode nicht ekeln, auch schämen müsst ihr euch nicht.

Quelle: unsplash.com, Timothy Meinberg

Hier noch die Website, die als meine Hauptquelle gedient hat und auf der ihr euch über die Periode und auch die Menstruationstasse weiter informieren könnt:
(Hinweis: Hierbei handelt es sich um unbezahlte Werbung!) 

https://erdbeerwoche.com

Weitere Infos zum Toxischen Schock Syndrom:
https://erdbeerwoche.com/meine-regel/tss/

Informationen über die Inhaltsstoffe von Tampons findet ihr z.B. hier:
https://erdbeerwoche.com/meine-umwelt/materialien/   

 https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/umwelt/schaedliche-faktoren/tampons-giftig-ia


Text: Hanna für den MSV Trier

Edit: Lisa von Glahn und Klara Hofmann

Titelbild: via unsplash.com von Oana Cristina

Bilder im Text: via unsplash.com von Good Soul Shop, Monika Kozub, Timothy Meinberg

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